Das Bild „Glatzkopfnacht“ entstand 1991. Es zeigt stattliche Häuser in einer düsteren Umgebung. Im Vordergrund sind schattenhaft rennende Menschen zu sehen. Ihre Flucht kann als Metapher für die Auflösung der DDR und der alten politischen Strukturen gesehen werden. Dazu passt auch das herumliegende Gerümpel mit geisterhaften Figuren daneben. Die hundeähnliche Gestalt im vorderen, rechten Teil des Bildes lässt außerdem Lowes Hang zum Märchenhaften erahnen. Auch in diesem Bild dominieren dunkle Violett- und Blautöne. Der düstere, bewölkte Nachthimmel trägt zu einer kalten, abschreckenden Atmosphäre bei. Die einzigen Lichtquellen im Bild sind Straßenlaternen. Durch ihre Ähnlichkeit mit Flutlichtern oder Suchscheinwerfern wird jedoch eher auf den Überwachungsstaat hingewiesen, als dass sie ein Gefühl von Sicherheit in dieser finsteren Umgebung vermitteln. Weiterhin ist zu bemerken, dass die Formen der Häuser, ähnlich dem ersten beschriebenen Bild, oft nicht klar definiert sind und ungenau wirken wodurch eine gewisse Unruhe erzeugt wird. Im mittleren oberen Teil des Bildes, im hellsten Abschnitt des Himmels, ist ein großer Baukran zu erkennen. Dieser symbolisiert sowohl die Erneuerung der Politik in Ostdeutschland als auch die Renovierungsarbeiten in den Städten. Insgesamt vermitteln die beiden Bilder einen düsteren und negativen Eindruck von Städten. In beiden Darstellungen dominieren dunkle, kalte Farben. Auch der Eindruck von Unruhe verbindet beide Bilder – sie sind von Bewegung und Dynamik geprägt. Bezieht man jedoch den historischen Hintergrund, also die Auflösung der DDR und den Mauerfall mit ein, steht diese Unruhe eher für etwas Positives. Sie spiegelt die Aufbruchsstimmung dieser Zeit wieder, welche Anthony Lowe so fasziniert und inspiriert. Die Bilder zeigen zwar Zerstörung und Unbehaglichkeit; doch sie stehen eigentlich für einen Neuanfang und für Befreiung.
Sarah Grill